Die äußere Haltung ist beim Body Scan sehr einfach.
Die innere Haltung ist tricky. Hier erfahren Sie, wie es funktioniert:
Der formale Ablauf eines Body Scans ist eigentlich ganz simpel. Man liegt meist in Rückenlage und geht mit der Aufmerksamkeit durch einzelne Regionen des eigenen Körpers und versucht einfach nur zu spüren, was dort an Empfindungen zu spüren ist. Im MBSR-Kurs fängt man im linken Fuß an, geht dann nach und nach das Bein hoch bis zur Hüfte. Dann genauso wieder mit dem rechten Bein. Dann wird der Beckenbereich schrittweise erspürt. Und dann weiter den Körper hinauf. Später dann die Arme, Nacken und Kopf. Man kann die Reihenfolge der Regionen variieren und unterschiedliche Lehrer wählen unterschiedliche „Wegstrecken“. Am Schluss der Übung – wenn auch der Kopf und das Gesicht „gescannt“ wurden, übt man noch einige Minuten Gewahrsein des atmenden Körpers als Ganzes und manchmal auch einige Minuten das sogenannte „Offene Gewahrsein“ ohne festgelegtes Meditationsobjekt. Dann ist die Übung auch schon vorbei.
Im MBSR-Kurs erhalten die Teilnehmer vom Lehrer bzw. von einer CD gesprochene Anleitungen, damit sie sich keine Gedanken um die Reihenfolge und Dauer einzelner Stationen machen müssen. Die Bodyscan Meditation dauert meist zwischen 30 und 45 Minuten und soll unter anderem Konzentration, Achtsamkeit und das Körperbewusstsein (als Gegengewicht zu Gedankenstrudeln) schulen. Als angenehmer Nebeneffekt tritt bei vielen – aber nicht allen – eine große Entspannung ein, die jedoch nicht explizites Ziel der Übung ist. Der Body Scan ist nur eine von vielen Achtsamkeitsübungen, die in einem Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) Kurs erlernt werden.
Nicht immer hat man wirklich Lust, die Übung durchzuführen und dann fällt so ein Entschluss umso schwerer. Vielleicht hilft dabei, sich in Erinnerung zu rufen, warum man ursprünglich überhaupt Achtsamkeitsübungen erlernen wollte. Es kann auch hilfreich sein, die kommenden Minuten als ein Experiment und die eigene Haltung als die eines Experimentators zu verstehen. Der Vorteil dieser Haltung ist: wir müssen dann keine Grundsatz- & Glaubensfragen klären – ob ein Body Scan uns taugt, ob wir auch wirklich „der Meditations-Typ“ sind, etc. Stattdessen, lassen wir uns für eine klar eingegrenzte Anzahl von Minuten auf einen Versuch ein und schauen, was dann passiert.
Der innere Entschluss sollte kein Zwang und kein Kraftakt sein. Vielmehr geht es hierbei darum, sich einzulassen und die Bereitschaft, andere Tätigkeiten für eine kurze Weile loszulassen. Der Vorteil eines ganz bewussten Entschlusses am Anfang ist, dass wir uns später weniger anstrengen müssen. Was uns auch direkt zum zweiten Punkt bringt...
Wenn wir gleich in den ersten Sekunden unser Commitment zu der Übung bewusst gemacht haben, dann brauchen wir später nicht mehr „Druck“ zu machen. Paradoxerweise, gibt es in der Übung selbst kaum etwas zu „leisten“ und nichts zu erreichen – auch wenn es viel Disziplin braucht, zu üben. Das kann man sich vielleicht so vorstellen: Es braucht etwas Willenskraft, uns in die Meditationshaltung zu begeben und sich dafür sagen wir 20-45 Minuten wirklich zu nehmen. Wenn wir aber erst einmal am Meditieren sind, geht es auf einmal viel mehr um loslassen, als um „erlangen“, mehr um nachsichtig sein, als um „Willenskraft“, mehr um einfach nur da sein, als darum, „sich etwas zu beweisen“.
Wenn wir also im Body Scan durch einzelne Körperregionen gehen, ist es hilfreich, wenn unsere Aufmerksamkeit eher wie eine Antenne ist: empfänglich, gut ausgerichtet aber nicht kontrollierend, ohne die Signale anders haben zu wollen. Wir lassen die Empfindungen einfach nur „kommen“, anstatt sie zu erzeugen, zu intensiveren, sie schneller kommen zu lassen etc. Auch versuchen wir, das was im Body Scan passiert möglichst nicht zu werten, nicht mit Erwartungen abzugleichen, nicht anders haben zu wollen.
Wie die meisten von uns feststellen werden, ist das sehr schwierig und wir verfallen dann in einen ganzen Strudel von Bewertungen und Unzufriedenheiten mit unserem Erleben, dem wir dann gegenzusteuern versuchen. Zuerst weicht etwas von unseren Erwartungen ab – z.B. meinen wir, „nicht genug spüren zu können“. Dann versuchen wir vielleicht mehr Aufmerksamkeit „hinzulenken“. Das „gelingt“ vielleicht nicht. Dann sind wir unzufrieden mit unserer „Meditationsfähigkeit“. Als nächstes erinnern wir uns vielleicht, dass wir ja nicht werten sollen und sind wiederum wegen dieses Wertens unzufrieden. All das ist ganz normal und passiert wahrscheinlich jedem. Diese Prozesse mitzubekommen, ist an sich schon einer der wichtigsten Aspekte von dem, was wir "Meditation" nennen!
Was ist nun der Trick im Umgang mit dem „Doing Mode“ des Geistes – also den ganzen Erwartungen, Wertungen, Kontrollwünschen & dem Leistungsdruck? Der Trick ist, das alles einfach nur zu bemerken, Verkrampfung nicht weiter zu vermehren und zu versuchen, wenigstens diese Tendenzen nicht zu werten. Und sollte auch das nicht klappen, dann setzen wir eben hier an: und versuchen wenigstens die Wertung der Wertungen nicht zu werten. Das klingt kompliziert, aber eigentlich ist es einfach eine Haltung des Loslassens und Sein-Lassens, die wir nach und nach praktizieren – auch wenn die Haltung sich vielleicht niemals zu 100% durchgehend einstellen wird. 100% wäre ja auch wieder der Doing Mode mit seinem Perfektionismus:)
Und doch lernen wir, wenn Gedanken da sind, sie nicht aktiv weiterzuspinnen, ihren Inhalten nicht zu folgen und uns einfach von ihnen zu lösen. Denken Sie soviel Sie eben denken, aber bemerken Sie es und lösen Sie sich jedes Mal von dem aktuellen Gedanken – und zwar ohne sich zu ärgern! Und raten Sie mal, was wir tun, wenn Sie sich doch darüber ärgern? Genau. Wir bemerken es und versuchen uns wieder davon zu lösen – ohne uns dafür zu verurteilen. Bemerken – sich lösen – geduldig zurückkehren zum Körperteil, der gerade dran ist. Wenn das 1000 mal passiert, dann ist das perfekt. Wenn es 100 mal passiert, dann ist das auch perfekt.
Machen Sie sich klar: Es geht allen so, dass der Geist wertet, dass Gedanken kommen, usw. Auch asiatischen Großmeistern der Meditation geht es so. Worauf es ankommt, ist unsere Beziehung zu diesen mentalen Ereignissen, und nicht ob sie da sind oder nicht! Es ist ein bisschen so wie Wellenreiten. Das Ziel beim Surfen ist nicht, Wellen zu erzeugen oder zu verhindern. Das Ziel ist, wenn Wellen da sind, dazu eine Beziehung aufzubauen, um mit ihnen immer kunstvoller und müheloser „umgehen“ zu können. Surfen ist gegenüber den Kräften des Ozeans gleichzeitig ein „Sich-Fügen“ aber auch ein „Bewusst-Etwas-Daraus-Machen“. Und natürlich geht es darum, ständig hinzufallen und nochmal vom Neuen herauspaddeln. Kein Surfer würde unzufrieden sein, dass er die Wellen nicht abstellen konnte. Darum geht es einfach nicht.
Das ist unangenehm und daran gibt es auch nichts zu rütteln. Und das ist genau das, war wir dann versuchen: möglichst wenig daran zu „rütteln“. Wir versuchen, es einfach so zu lassen, wie es ist – nämlich unangenehm. Dabei geht es keinesfalls um stoische Selbstkasteiung und Zähne-Zusammenbeißen. Vielmehr geht es darum, alles wahrzunehmen und zu erforschen, was hochkommt – egal wie es im Einzelnen ist. Versuchen Sie, Interesse aufrecht zu erhalten, auch wenn es unangenehm wird und einfach nur weiter zu forschen: „Aha, so fühlt sich also ‚unangenehm’ an“, „Was macht mein Geist als nächstes?“ „Ich bleibe einfach bei dem Gefühl im Bein. Mal sehen, wie es sich entwickelt.“ etc.
Wenn Ihnen etwas einfach viel zu unangenehm wird und sie die Ursache beheben können, dann tun Sie das ruhig! Meditation ist kein Leidenswettbewerb. Aber Meditation ist eine Gelegenheit, Dinge mal anders zu machen als im Alltag und vielleicht nicht sofort in Panik und Flucht zu verfallen. Es ist eine Übung, ein Experiment, eine Gelegenheit die Funktionsweise des Geistes im Stresszustand kennenzulernen. Es liegt große Freiheit darin, sich Unangenehmem nähern zu können, ohne gleich zu verkrampfen oder immer nur davonzulaufen. Manche Meditierenden sagen zu besonders unangenehmen oder hartnäckigen Erfahrungen so etwas wie ein inneres „Willkommen!“. Versuchen Sie das mal. Aber überfordern Sie sich nicht! Sie müssen nicht alles aushalten. Aber vielleicht können Sie mehr willkommen heißen, als Sie im ersten Moment glauben.
Das ist nicht zwingend die „bessere“ Art der Aufmerksamkeit, aber es kann dennoch eine interessante Entdeckung sein, die Sie dabei machen können. Nämlich, dass Empfindungen in den Körperregionen durchaus etwas anderes sind, als unsere Vorstellungen von diesen Regionen. Experimentieren Sie mal damit: können Sie Aufmerksamkeit direkt im Oberschenkel entstehen lassen? Oder denken Sie eher an den Oberschenkel und suchen nach den Empfindungen mit einem „inneren Scheinwerfer“?