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Internal Family Systems (IFS)
& Achtsamkeit


IFS &
Mindfulness
Meditation
vereinbaren?

 


Internal Family Systems (IFS) ist eine Coaching- & Psychotherapie-Methode, mit der sich insbesondere "innere Anteile" oder "Stimmen", wie z.B. der Innere Kritiker oder Innere Richter bearbeiten und heilen lassen. Dabei wird den Gefühlen und Gedanken solcher Anteile unvoreingenommene, fürsorgliche Aufmerksamkeit geschenkt und man geht in eine Art "Zwiegespräch" mit diesen Teilen. 

In der klassischen Achtsamkeitsmeditation, wie z.B. der Meditation auf den Atem, versuchen (zumindest AnfängerInnen) erstmal, beim Meditationsobjekt, z.B. dem Atem, zu bleiben und aufkommende "Ablenkungen" loszulassen und ihnen weniger Aufmerksamkeit zu schenken. 

Die beiden Methoden können im Widerspruch zueinander stehen. Denn in der Basic Mindfulness Meditation, versucht man den aufkommenden Gedanken oder Gefühlen, nicht so viel Bedeutung beizumessen. 

Der folgende, aus dem Englischen übersetzte Artikel aus "Parts & Self"
(Originalautor: Joshua Pritikin) geht dieser Frage nach und schlägt eine Art der Achtsamkeitsmeditation vor, die mit den IFS Prinzipien besser vereinbar ist.

 

 


Haben Sie sich schon mal gefragt, ob Fokussierung auf den Atem in der Achtsamkeitsmeditation im Widerspruch zu Mitgefühl für alle Ihre inneren Anteile stehen könnte? Hier erfahren Sie, wie man mit dem Widerspruch umgehen könnte.

IFS und Meditation
von Joshua Pritikin.

veröffentlicht in „Parts & Self“,
Februar 2023

"Mein Interesse gilt hier der Schnittstelle zwischen IFS (Internal Family Systems) und Meditation. Mir ist bewusst, dass es eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen zur Meditation gibt und ein wachsendes Forschungsfeld, das sich mit IFS beschäftigt. Dennoch bin ich bisher auf keine Arbeit gestoßen, die kritisch untersucht, wie diese beiden Ansätze als Praxismodelle miteinander interagieren – obwohl Formen der Meditation, insbesondere geführte Meditationen, in der IFS-Praxis weit verbreitet sind.

Mein Beitrag zu dieser IFS-Meditations-Schnittstelle entspringt meinem persönlichen Hintergrund in der Meditation: In den 1990er Jahren war ich Schüler des amerikanischen Zen-Meisters Frederick Lenz. Von 1999 bis 2010 war ich Mitglied der Sahaja-Yoga-Meditation. Insgesamt praktiziere ich seit etwa 30 Jahren zweimal täglich Meditation. Diese Erfahrung kombiniere ich nun mit meinem kürzlichen Einstieg in das Feld von IFS als Level-1-zertifizierter Praktiker.

Der folgende Text ist ein informeller Artikel im Stil von „Hypothese und Theorie“. Solche Arbeiten präsentieren „ein neuartiges Argument, eine Interpretation oder ein Modell, das darauf abzielt, eine neue Hypothese oder Theorie einzuführen“ (siehe hier für den Kontext, wie ein solcher Beitrag zum Wissen eingeordnet wird). Mit anderen Worten: Ich glaube, dass es etwas Neues, Interessantes und Nützliches für Menschen gibt, die meditieren oder meditieren möchten, das gesagt werden muss – und eine IFS-Perspektive kann dies leisten. Meines Wissens wurde dies bisher noch nicht formuliert.

Methoden der Selbsthilfe

Obwohl IFS ursprünglich als therapeutisches Modell für schwer traumatisierte Klienten entwickelt wurde, scheint es als Selbsthilfemethode auf die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen anwendbar zu sein – bis hin zur Spitze von Maslows Bedürfnispyramide. Meditation ist eine weitere interessante Methode, die einige zur Selbsthilfe empfehlen. Ich persönlich glaube, dass ich von meiner Meditationspraxis profitiert habe, und war neugierig auf die Beziehung zwischen IFS und Meditation.

In einem Interview im September 2021 kritisierte Dick Schwartz, der Begründer von IFS, die Achtsamkeitspraxis. Er sagte:

„Achtsamkeit ist für mich ein guter erster Schritt. Man wird aufgefordert, sich von seinen Gedanken und Emotionen zu distanzieren und sie in einer akzeptierenden Weise zu beobachten, ohne jedoch mit ihnen zu interagieren. Das ist in Ordnung, wenn man glaubt, dass diese nur flüchtige Gedanken und Emotionen sind, die kommen und gehen, oder dass sie das Ego darstellen, das in vielen spirituellen Traditionen oft irritierend oder sogar dämonisiert betrachtet wird. Dann macht es Sinn, sich zu distanzieren und einfach zu beobachten, ohne etwas zu tun. Aber wenn man diese [Teile], wie wir sie beschrieben haben, als innere Wesenheiten betrachtet, von denen viele leiden, dann ist es nicht mitfühlend, sie einfach passiv zu beobachten.“

Ich fand Dicks Kommentar sehr einleuchtend und wurde neugierig, welche Art von Meditation in IFS-Kreisen praktiziert wird. Was ich vorfand, waren vor allem geführte Meditationen.

Einige Meditationslehrer betrachten geführte Meditation als Vorbereitung für Anfänger, um eine Praxis der stillen Meditation zu entwickeln (siehe Anmerkung 1). Auch ich sehe das so. Da ich jedoch seit vielen Jahren verschiedene Formen der Meditation praktiziere, werde ich manchmal von meinen inneren Anteilen getriggert, wenn ich gebeten werde, an einer geführten Meditation zu Beginn eines Treffens teilzunehmen. Ein Anteil in mir empfindet, dass die Teilnehmer ihre Meditation bereits vor dem Treffen hätten durchführen sollen, um in ihrem besten Zustand zu erscheinen. Es sei eine Verschwendung wertvoller Zeit, eine geführte Meditation während des Treffens durchzuführen. Ein anderer Anteil denkt, dass ich ein erfahrener Meditierender bin und keine Zeit mit einer grundlegenden Übung wie geführter Meditation verbringen möchte. Dieser Anteil zieht den Vergleich zu einem fließenden Leser, der gebeten wird, das Alphabetlied zu üben.

Wie können wir Meditation und IFS miteinander in Einklang bringen? Da diese Frage von der (IFS-)Community bisher nicht adressiert wurde, entschied ich mich, es selbst zu versuchen. Ich glaube, dass eine der Anwendungen von Meditation darin besteht, das „Unblending“ (das "Entschmelzen" von Selbst und Anteilen) zu erleichtern.

Unblending und Meditation

Um diese Idee zu konkretisieren, ist es wichtig, den Grad des „Blending“ (Verschmelzung) in einem bestimmten Moment zu definieren. Zum Beispiel entspricht ein Verhältnis von 99:1 zwischen Selbst und Anteilen fast vollständigem Selbst (unvermischter Zustand), während ein Verhältnis von 1:99 bedeutet, dass fast ausschließlich Anteile präsent sind (stark vermischt). Um eine Kalibrierung vorzunehmen: Eine mental gesunde Person könnte ein Verhältnis von etwa 1:1 haben, mit ungefähr gleichen Beiträgen von Selbst und Anteilen. Im Vergleich dazu könnten IFS-Praktizierende während einer Therapiesitzung ein Verhältnis von 6:4 oder 7:3 erreichen, wobei sie etwas mehr in der Energie des Selbst als in den Anteilen verweilen.

Dieses Konzept eines Verhältnisses ist entscheidend, wenn wir uns nun ansehen, wie man meditiert, indem man einen Ansatz verwendet, der die Idee des Unblendings integriert.

Wie man meditiert

Typische Meditationsanweisungen lauten oft:

1. Konzentriere dich auf deinen Atem (oder ein Mantra, ein visuelles Ziel oder Ähnliches).

2. Nimm wahr, wenn dein Geist vom Ziel abschweift.

3. Kehre zu Schritt 1 zurück.

Diese Anweisungen lassen sich in IFS-Terminologie übersetzen:

Schritt 1 repräsentiert einen „Manager-Anteil“, dessen Aufgabe es ist, die Aufmerksamkeit

auf ein nicht-anteiliges Ziel zu richten.

Schritt 2 repräsentiert einen „Türsteher-Anteil“, dessen Aufgabe es ist, alle anderen Anteile

ruhigzustellen, außer dem Manager-Anteil.

Es gibt mindestens zwei mögliche Ergebnisse:

1. Die Anteile tauchen ständig auf und verschwinden wieder. Dies verhindert, dass das Selbst wirklich strahlen kann. Unerfahrene Meditierende erleben dieses „Monkey Mind“-Phänomen und geben möglicherweise auf, weil sie nicht wissen, wie sie weiterkommen sollen.

2. Willenskraft wird eingesetzt, um die Manager-Anteile zu stärken. Diese Anteile können mit Mühe andere Anteile unterdrücken, was tatsächlich Raum für das Selbst schafft. Allerdings handelt es sich hierbei um ein spirituelles „Bypassing“, da die Anteile unterdrückt werden.

Dies ist ein instabiler Waffenstillstand.

Was oft übersehen wird, ist, dass diese typischen Meditationsanweisungen wie Stützräder wirken. Nach einiger Übung wird die Methode selbst zu einem Hindernis, da sie zu viel Anstrengung erfordert. Hier liegt oft das Problem (siehe Anmerkung 2).

Der Übergang zur Mühelosigkeit

Eine wirklich mühelose Meditation sollte folgendermaßen ablaufen:

1. Bitte alle Anteile, sich für eine Weile zurückzuziehen.2. Die Anteile kooperieren bereitwillig.

3. Keine „muskelbepackten“ Türsteher- oder Manager-Anteile sind erforderlich.

Doch wie entwickelt man eine solche reife Praxis?

Ich schlage vor, den ursprünglichen Anweisungen einen zusätzlichen Schritt hinzuzufügen:

1. Konzentriere dich auf deinen Atem (oder ein Mantra, ein visuelles Ziel etc.).

2. Nimm wahr, wenn dein Geist vom Ziel abschweift.

3. Notiere, welche Anteile Aufmerksamkeit wollen und warum.

4. Kehre zu Schritt 1 zurück.

Dieser zusätzliche Schritt stellt keine Meditationspraxis im engeren Sinne dar, sondern vielmehr eine

innere Erforschung. Ziel ist es, jene Anteile zu identifizieren, die Aufmerksamkeit benötigen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mühelose Meditation die Grundvoraussetzung für die Erforschung von Zielen mit affektiver Aufladung ist. Effortless Meditation entsteht, wenn alle Anteile bereitwillig und ohne Widerstand Platz für das Selbst machen. Sobald dies erreicht ist, eröffnet sich ein weites Spektrum an Möglichkeiten, emotionale Tiefe und Schönheit in der Meditation zu erfahren.